Heute habe ich für euch ein Interview mit einem netten Autoren, der witzige Bücher über das wahre Leben schreibt :-)
Viel Spaß beim Lesen!
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Interview
mit dem Autor
Volker
Kitz: Du machst, was ich will.
Wie
Sie bekommen, was Sie wollen –
ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks
ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks
Ariston
Verlag
Erscheinungstermin:
18. März 2013
„Eine
Ministerin liebt Sie schon, wenn Sie ihr
einen Tipp für einen guten Zahnarzt geben“
einen Tipp für einen guten Zahnarzt geben“
Sie
betonen, dass mit Ihnen erstmals ein Lobbyist Einblick in seinen
wahren Arbeitsalltag gibt. Ist das wirklich so?
Volker
Kitz: Bisher
wird hauptsächlich über
Lobbyisten geredet. Es kursieren wilde Gerüchte. Aber niemand, der
diese Arbeit wirklich gemacht hat, spricht konkret darüber.
Warum
sind Lobbyisten so verschwiegen? Spätestens im Rentenalter könnten
sie doch reden.
Volker
Kitz: Lobbyisten
genießen in der Öffentlichkeit einen zweifelhaften Ruf, eben weil
es so viele falsche Vorstellungen über sie gibt. Niemand äußert
sich öffentlich, weil er sich nicht ständig für seine Arbeit
rechtfertigen will. Das wiederum nährt die Gerüchte.
Warum
haben die „politischen Interessensvertreter“ denn einen so
zweifelhaften Ruf?
Volker
Kitz: Lobbyisten
sind oft die Sündenböcke, wenn ein Gesetz durchkommt, das in der
öffentlichen Meinung unbeliebt ist. Dann heißt es: Da haben die
Lobbyisten ganze Arbeit geleistet. Dabei wird übersehen, dass alle
gesellschaftlichen Gruppen Lobbyarbeit machen: die Umweltschützer
ebenso wie die Atomindustrie, die Nichtraucher ebenso wie die
Tabakindustrie, die Patienten ebenso wie die Pharmaunternehmen. Die
Energiewende zum Beispiel war auch das Ergebnis immenser
lobbyistischer Anstrengungen, genauso wie die Gesetzgebung zum
Nichtraucherschutz und der Wegfall der Praxisgebühr.
Natürlich
liegt die Vermutung nahe, dass selbst ein ausgeschiedener Lobbyist
nicht umsonst schweigt. Immerhin ist die Vorstellung verbreitet, dass
er seine Interessen mit Geldkoffern durchsetzt.
Volker
Kitz: Es
gibt legale Möglichkeiten, sich Politik zu kaufen. Aber bei der
Lobbyarbeit ist es wie sonst auch: Überall muss gespart werden.
Niemand hat das Geld übrig, um es in die berüchtigten Geldkoffer zu
stecken. Lobbyisten werden gerade dafür bezahlt, dass sie es ohne
Geld schaffen – sonst sind sie selbst ihr Geld nicht wert. Und
überschreiten tatsächlich ganz schnell die Grenze zum Kriminellen.
Volker Kitz ist Autor von, unter anderem, "Psycho? Logisch! Nützliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie"
Wie
wird Geld in der politischen Interessenvertretung eingesetzt?
Volker
Kitz: Manche
Unternehmen und Organisationen versuchen das. Zum Beispiel ist es in
Deutschland legal möglich, Abgeordnete zu bestechen – solange es
sich nicht um einen handfesten Stimmenkauf handelt. Es gibt
Abgeordnete, die stehen ganz offiziell auf der Gehaltsliste von
Verbänden oder Unternehmen. Das ist ein großes Problem, denn die
Person, die Interessen vertritt, sollte niemals identisch sein mit
der Person, die über die Interessen entscheidet. Beliebt sind auch
Parteispenden und Sponsoring. Bei Parteiveranstaltungen zum Beispiel
sieht es teilweise aus wie auf einer Messe: lauter
„Informationsstände“ von Unternehmen, die dafür auffällig hohe
„Standgebühren“ zahlen.
Warum
wird in Deutschland nicht besser kontrolliert, ob politische
Entscheidungen aufgrund unsachlicher Motive zustande kommen?
Volker
Kitz: Zum
einen könnten die Parteien ohne Spenden und Sponsoring gar nicht
existieren. Zum anderen sind die Motive für die Entscheidung eines
einzelnen Politikers nicht leicht nachzuvollziehen. Anders als in den
Kommunen gibt es im Bundestag keine Regeln über Befangenheit.
Beschließt der Bundestag zum Beispiel eine Änderung des Mietrechts,
sind streng genommen alle Abgeordneten befangen, die entweder Mieter
oder Vermieter sind. Oder deren Familienangehörige Mieter oder
Vermieter sind. Das bei jedem Gesetz genau zu überprüfen, würde
die Arbeit eines so großen Parlaments lahm legen.
Das
heißt, es spielen bei politischen Entscheidungen oft auch ganz
persönliche Motive der Politiker eine Rolle?
Volker
Kitz: Nicht
oft. Sondern immer. Wir haben die schöne Vorstellung, ein Politiker
sollte dem Gemeinwohl verpflichtet sein. Aber was sollte das sein? Es
gibt so viele unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen – die
politische Entscheidung, die für alle
gleichermaßen gut ist, gibt es nicht. Jeder Politiker muss sich also
entscheiden, wem er helfen will und wem nicht. Und diese Entscheidung
hängt davon ab, was seinen eigenen Interessen dient. Die Kunst des
Lobbyisten besteht deshalb darin, Interessen zu erkennen und
zusammenzuführen.
Warum
kann man nicht offen dazu stehen, dass man die Belange eines
Unternehmens oder einer Organisation vertritt? Manager tun doch auch
nichts anderes.
Volker
Kitz: Manager
haben ja ebenfalls keinen guten Ruf. In unserer Gesellschaft ist es
erstaunlich verpönt, für seine Interessen einzustehen. Dabei macht
doch genau das eine Demokratie aus: dass die verschiedenen
gesellschaftlichen Gruppen ihre Interessen artiku-lieren, in den
politischen Prozess einbringen – und man am Ende versucht, diese
Interessen irgendwie auszugleichen. Aber dafür muss man sie erst
einmal kennen: Die Politiker entscheiden in der Regel über Themen,
von denen sie inhaltlich keine Ahnung haben. Da stimmt zum Beispiel
eine Deutschlehrerin über ein Gesetz zur Altersvorsorge ab oder ein
Physiker über die Regulierung des Finanzmarktes. Undemokratisch wäre
es, sich nicht
vorher mit den betroffenen gesellschaftlichen Gruppen zu unterhalten
und deren Interessen abzufragen. Aber wenn irgendwo ein „Kontakt“
zwischen einem Politiker und einem Lobbyisten bekannt wird, dann wird
das in der öffentlichen Meinung oft ganz schnell zum „Skandal“.
Wie
wird man überhaupt Lobbyist? Wie war das bei Ihnen?
Volker
Kitz: Viele
Lobbyisten sind Juristen, weil Jura nun einmal auch das Handwerk der
Gesetzgebung ist. Ich selbst bin auch Rechtsanwalt. Meine erste
Stelle war ganz regulär in der „Neuen Juristischen Wochenschrift“
ausgeschrieben; ich bin also nicht in einem dunklen Hinterzimmer
rekrutiert worden. Ich fand den Beruf interessanter als ein
„normales“ Anwaltsdasein, und er war es auch. Andere Lobbyisten
waren vorher selbst Politiker oder Journalisten. Die machen dann ihre
Kontakte zu Geld.
Wie
viele Jahre waren Sie als Lobbyist aktiv und für wen haben Sie
gearbeitet?
Volker
Kitz: Ich
habe zuerst für einen großen Branchenverband mit über 1.000
Mitglieds-unternehmen gearbeitet, später für einen Medienkonzern,
insgesamt etwa fünf Jahre.
Wie
können Sie das belegen?
Volker
Kitz: Mit
einem ganz normalen Arbeitsvertrag. Fest angestellte Lobbyisten haben
Arbeitsverträge wie jeder andere Mitarbeiter auch. Natürlich gibt
es auch selbstständige Lobbyisten, die für wechselnde Auftraggeber
arbeiten.
Welche
Gesetzgebungsverfahren haben Sie beeinflusst?
Volker
Kitz: Ich
war in der Medienpolitik tätig, darunter bei hoch umstrittenen
Gesetzen wie der Einführung der „Vorratsdatenspeicherung“, der
Reform der GEZ-Gebühr, den Anti-Spam-Regeln, der Verfolgung von
Internet-Tauschbörsen oder der Bekämpfung von Kinderporno-grafie.
Oft ging es auch um Datenschutz und Jugendschutz.
Wie
viel Einfluss kann man wirklich auf politische Entscheidungen nehmen?
Volker
Kitz: Mehr,
als ich mir vorher jemals vorgestellt hätte.
Was
war Ihre erstaunlichste Erfahrung als Lobbyist?
Volker
Kitz: Als
ich in Berlin anfing, war ich 29. Ich dachte damals, in der Politik
ginge es tatsächlich um Sachargumente. Ich dachte, die Politiker
wären tatsächlich daran interessiert, die beste Lösung zu finden –
ich glaubte damals selbst noch an „das Gemeinwohl“. Schon bei
meiner ersten Anhörung im Bundestag musste ich feststellen, dass die
Antworten vorher mit den Abgeordneten abgesprochen waren. Niemand
interessierte sich für „die Sache“, manche Abgeordnete hatten
noch nicht einmal den Gesetzentwurf gelesen, um den es ging. Jeder
verfolgte seine eigenen, ganz persönlichen Ziele. Das hat mir für
immer die Augen geöffnet: für die Arbeit als Lobbyist, für die
Frage, wie man sich in einer Demokratie am besten einbringt – und
auch dafür, dass alle Menschen nach den gleichen Regeln
funktionieren, egal, ob sie Busfahrer sind oder Bundespräsident.
Wie
darf man sich vorstellen, dass Sie in
Berlin und Brüssel politische Interessen durchgesetzt haben?
Volker
Kitz: Plant
ein Ministerium ein Gesetz, verschickt es einen ersten Entwurf an die
„beteiligten Kreise“. Das ist in der Geschäftsordnung so
vorgesehen, es sind also in der Regel keine nebulösen Wege, auf
denen man solche Entwürfe bekommt. Die erste Aufgabe des Lobbyisten
besteht dann darin, zu analysieren, was der Entwurf für seinen
Auftraggeber bedeuten könnte – was diese also durchsetzen wollen
und was um jeden Preis verhindern. Natürlich muss man seine Augen
und Ohren immer offen halten, denn oft will man bereits verhindern,
dass etwas überhaupt in einen ersten Entwurf kommt. Was einmal drin
ist, lässt sich schwer wieder rauskriegen. Das ist dann „präventive
Lobbyarbeit“.
Und
dann? Wie setzt man diese Anliegen durch?
Volker
Kitz: Oft
gibt es ganz offizielle Anhörungen, sowohl in Ministerien als auch
im Bundestag. Da muss man zusehen, dass man eingeladen wird, denn es
darf nicht jeder kommen. Natürlich trifft man sich auch zu
Einzelgesprächen. Dramatisch wird es immer in den letzten Stunden
eines Gesetzgebungsverfahrens, denn dann passieren oft die größten
Änderungen.
Wie
überzeugt man andere von seinem Standpunkt?
Volker
Kitz: Indem
man sich fragt, was der
andere
will und braucht. Viele Menschen – in der Politik ebenso wie im
ganz normalen Alltag – glauben, sie müssten nur ihren eigenen
Stand-punkt überzeugend begründen. Und sind hinterher enttäuscht,
wenn ihre Argumente kein Gehör finden. Aktuell ist das zum Beispiel
so bei der Diskussion um ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage
– es gibt eine große Protestbewegung dagegen, mit beachtlichen
Argumenten, aber politisch interessiert das niemanden. Andere
Menschen interessiert niemals, was Sie
wollen und ob Sie
das gut oder schlecht begründen. Oder haben Sie jemals gehört, dass
jemand nach einer politischen Debatte oder Talkshow gesagt hat: „Ja,
stimmt, diese Argumente haben mich jetzt überzeugt, ich ändere
meine Meinung.“?
Und
was braucht „der andere“ in der Politik?
Volker
Kitz: Es
geht in der Politik – wie in unserem ganz normalen Alltag auch –
immer um die Bedürfnisse unseres Gegenübers. Manchmal geht es um
einen konkreten Tausch: Wenn zum Beispiel eine Branche der Partei
genug spendet, setzt sich die Partei vielleicht dafür ein, dass
diese Branche steuerlich bevorzugt wird. Erstaunlich oft sind es aber
ganz allgemeine und herzlich einfache menschliche Bedürfnisse,
selbst bei ganz großen Persönlichkeiten.
Welche
sind das?
Volker
Kitz: Ein
Ministerialbeamter ist oft schon zu haben, wenn Sie „im Steak-haus“
reservieren. Eine Ministerin liebt Sie schon, wenn Sie ihr einen Tipp
für einen guten Zahnarzt geben. Und ein Referent öffnet Ihnen sein
Herz, wenn Sie sich danach erkundigen, ob seine kleine Tochter sich
von der schweren Erkältung erholt hat. Entgegen verbreiteter Meinung
sind übrigens oft die Menschen auf den niedrigeren Ebenen viel
wichtiger als das politische Spitzenpersonal.
Es
bringt also mehr, mit einem Sachbearbeiter zu sprechen als mit einem
Minister?
Volker
Kitz: In
vielen Fällen ja. Es ist wie in den Unternehmen auch: Die
eigentliche inhaltliche Arbeit wird unten erledigt – diese Ebene
nennt sich nicht umsonst „Arbeitsebene“. Meist kommt ein Gesetz
nie wieder in so kompetente Hände wie in seiner Geburtsstunde. In
allen weiteren Stationen – Spitze des Fachministeriums,
Bundeskabinett, Bundestag, Bundesrat – diskutieren und verändern
es Menschen, die weniger von dem Thema verstehen als der
Fachreferent, von dem der erste Entwurf stammt.
Sie
haben auch hautnah die Gesetzgebung zur Bekämpfung
von Kinderpornografie im Netz miterlebt. Fühlt man sich bei einem
solchen Thema nicht eher machtlos, auch weil es eben nicht nur um das
Kindeswohl geht?
Volker
Kitz: Man
fühlt sich machtlos, weil solche sensiblen Themen missbraucht
werden, um ganz andere Ziele zu erreichen. Ich erinnere mich noch
gut, als wir bei einer Anhörung in Brüssel waren, als die damalige
Medienkommissarin sich selbst weitreichende Kontrollrechte im
Internet einräumen wollte. Im Raum waren mehrere hundert Lobbyisten,
angereist aus ganz Europa. Die Kommissarin erwähnte, dass mit ihrem
Vorhaben auch die Kinderporno-grafie besser zu bekämpfen sei, und
rief dann sinngemäß: „Wenn sich in diesem Raum jemand befindet,
der für
Kinderpornografie ist, dann stehe er jetzt auf und melde sich.“
Natürlich blieb es still. Auch viele Politiker beherrschen die Kunst
der Beeinflussung sehr gut.
Hat
Sie dieses Erlebnis dazu bewogen, den Lobbyistenjob an den Nagel zu
hängen?
Volker
Kitz: Nein.
Es war eine aufregende Zeit, an die ich mich gern erinnere. Aber ich
finde, das Leben ist dazu da, um mehr als eine Sache kennen zu
lernen. Ich finde es heute mindestens genauso interessant, meine
Erkenntnisse aus der Zeit als Lobbyist für den ganz normalen Alltag
der Menschen fruchtbar zu machen.
Was
können wir alle von der Arbeit der Lobbyisten lernen?
Volker
Kitz: Da
Politiker ganz normale Menschen sind, geht es bei der Lobbyarbeit um
das Gleiche wie in unserem Alltag auch: um menschliche Beziehungen.
Erfolgreiche Lobbyisten nutzen psychologische Effekte, die jeder
andere genauso einsetzen kann, privat und beruflich. Die habe ich
zusammengetragen, systematisiert und für den „Alltagsgebrauch“
aufbereitet. Ich erkläre zum Beispiel, wie wir schon am Aussehen
eines Menschen erkennen können, ob er uns helfen wird, wie wir mit
einer „paradoxen Intervention“ jeden dazu bringen, seine Meinung
zu ändern, und wie wir uns mit der „Einstellungsimpfung“ selbst
vor Beein-flussungsversuchen schützen.
Wann
haben Sie zuletzt Ihre Kenntnisse als Ex-Lobbyist im Alltag genutzt?
Volker
Kitz: Erst
kürzlich habe ich mich bei einer Wohnungsbesichtigung gegen 70
Mitbewerber durchgesetzt, ganz ohne Makler – mit einer Kombination
aus verschiedenen psychologischen Effekten. Ich bin immer wieder
selbst erstaunt darüber, wie zuverlässig alle Menschen nach exakt
denselben Regeln ticken. Mir selbst geht es ja nicht anders.
Sein neues Buch "Du machst, was ich will" werde ich euch demnächst auf meinem Blog vorstellen :-)
Ich bedanke mich bei Volker Kitz und dem Ariston Verlag für dieses tolle Interview!
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