Shane McKenzie: Geil auf Sex und Tod
Gastrezension von Volker Schönenberger , der seine Beiträge normalerweise auf seinem eigenen Blog „Die Nacht der lebenden Texte“ veröffentlicht.
Gary holt sich gern auf dem Klo einen runter. Dagegen wäre an sich
nichts einzuwenden, würde er das nicht vorzugsweise auf der Toilette des
Comicgeschäfts tun, in dem er jobbt – inklusive eines aus den Regalen
„entliehenen“ Hentai-Mangas als Wichsvorlage. Zwar ist er ein Ass im Trading-Card-Game „Mystical“,
zockt beim Turnier im Laden regelmäßig die Bande um den Halbstarken
Sonny ab, aber insgesamt ist Gary nichts weiter als ein unsympathischer
und weinerlicher Verlierer. „Sogar High-School-Nerds blicken auf dich
herab, Gary. Jetzt zeig doch mal ’n bisschen Rückgrat, Mann.“ Der gute
Rat seines Chefs verhallt ungehört. Mit seinen 29 Jahren lebt Gary immer
noch bei seiner Mutter Sheila. In einer billigen White-Trash-Atmosphäre
legt er sich ständig mit deren Freund Chester an. Einzige Lichtblicke
daheim sind das Online-Rollenspiel „World of Fantasy“ und die Momente,
wenn er durchs Fenster heimlich die blonde Nachbarin beobachten kann.
Ein Dämon, der sich von sexueller Energie ernährt
Garys ohnehin erbärmliches Leben bricht innerhalb kürzester Zeit
zusammen, als er von Sonny und dessen Gefolge vermöbelt, von seinem Boss
gefeuert und von seiner Mutter rausgeschmissen wird. Endgültig am Boden
angelangt, zieht er sich in den Wald zurück, um einmal mehr seinem
Drang zur Masturbation nachzugeben. Dann geschieht Absonderliches: Garys
in den Waldboden sickerndes Sperma erweckt einen Dämon in Gestalt eines
jungen Mädchens zum Leben. Es nennt ihn Meister, verspricht ihm die
Erfüllung seiner sehnlichsten Wünsche – sexueller Wünsche. Es ernährt
sich von der sexuellen Energie, die dabei freigesetzt wird. Gary darf
dem Wesen immerhin einen Namen geben – er tauft es Mary Jane.
Orgie in der Kirche
Es funktioniert! Garys Dämon, dessen Meister er ist, wie er glaubt,
sorgt dafür, dass Frauen nicht anders können, als mit ihm ins Bett
steigen zu wollen. Erstes bedauernswertes Opfer wird eine völlig
unbeteiligte Passantin, die an Gary und seiner übernatürlichen
Begleiterin vorbeigeht. In einem billigen Hotel entjungfert sie ihn –
ja, es ist natürlich sein erstes Mal. Das Erwachen der Frau aus ihrer
hypnotischen Lust gerät erwartungsgemäß beschämend für beide Seiten.
Bald darauf testet Gary Mary Janes Fähigkeiten während eines
Gottesdienstes der Saint Ignatius Church aus. Das Ergebnis ist eine
Orgie sondergleichen, über die wir an dieser Stelle lieber den Mantel
des Schweigens decken.
Die Sache mit Mary Jane läuft endgültig aus dem Ruder, als Gary im
Wald zufällig ihren Bruder aus dem Boden befreit – er tauft ihn Kronos.
Auch Kronos ernährt sich von freigesetzter Energie: der Energie von
Gewalt …
Sex, Sex, Sex und Gewalt – viel Gewalt
„Geil auf Sex und Tod“ – der Titel ist Programm. Es geht zur Sache,
und zwar heftig. Da spritzt Garys Schwanz – wenn auch in der Hose –
eine gewaltige Ladung ab, später wird sein Glibber wie Hustensaft
geschluckt, und in der Kirche stopfen sich junge Frauen schlaffe
Schwänze in den Mund. Die bald ausufernde Gewalt wird ebenso explizit
beschrieben, und nach einiger Zeit muss Gary feststellen, wer wirklich
der Meister ist – er jedenfalls nicht.
Vor den Liebsten wegsperren!
Das ist Extrem-Horror für Fans von Edward Lee, dessen Exzesse nur
knapp verpasst werden. Identifikationspotenzial bietet keine einzige
Figur, schon gar nicht Gary, mit dem man höchstens ein wenig Mitleid
hat. Aber wer will schon immer mitfiebern, welche Protagonisten am Ende
ungeschoren bleiben? „Geil auf Sex und Tod“ spricht niedere Instinkte an
und lässt sich zügig lesen. Aber nicht offen auf dem Nachttisch liegen
lassen! Wenn der/die bei Extrem-Horror unbeleckte Partner/in das Buch
entdeckt und zufällig darin blättert, könnte das eine unangenehme
Diskussion zur Folge haben. Und für Kinderaugen ist es ganz und gar
nichts! Meine Liebste kennt meine Vorlieben immerhin und hat nur kurz
die Nase gerümpft, als sie mir über die Schulter blickte, während ich
diese Rezension verfasste. Literatur für Feingeister, keine Frage. Der
Roman passt jedenfalls wie die Faust aufs Auge in die Reihe „Festa
Extrem“ des Festa Verlags.
Von Wrestling und Kannibalismus zu ozeanischen Parasiten
Der texanische Autor Shane McKenzie hat in Deutschland außer „Geil auf Sex und Tod“ auch den Roman „Muerte con Carne“ veröffentlicht. Darin geht es laut Verlagsangabe um Menschenfleisch-Tacos, Todes-Wrestling und Kannibalen-Mexikaner. Na danke schön! Im März 2016 erscheint McKenzies Roman „Parasite Deep – Parasiten der Tiefsee“.
Eine interessante Veröffentlichung, zumal der Festa Verlag das Werk in Kombination mit „Das Ding aus einer anderen Welt“ von John W. Campbell auflegen wird. Campbells 1938 erschienener Roman, Originaltitel „Who Goes There?“, ist erstmals 1951 verfilmt worden, 1982 schuf John Carpenter mit seiner Adaption „Das Ding aus einer anderen Welt“ einen modernen Klassiker des SF-Horrorfilms. Die Kombination von
McKenzies „Parasite Deep – Parasiten der Tiefsee“ und Campbells Roman
ergibt ein reizvolles Literatur-Double-Feature. Freuen wir uns darauf!
Zur Bestellmöglichkeit des Buchs beim Festa Verlag geht’s hier. Zur Übersichtsseite von Festa Extrem gelangt Ihr hier.
Autor: Shane McKenzie
Originaltitel (Deadite Press 2013): Fat Off Sex and Violence
Deutsche Erstveröffentlichung: 27. April 2015
192 Seiten
Übersetzung: Stefan Pannor
Verlag: Festa Verlag
Mein Freund steht auf so Bücher, daher schau ich auch immer mal ob ich ein passendes für ihn finde. Tolle Beschreibung und interessante Seite =)
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